Am Gemeinwohl orientiert

Am Alten Bahnhof soll die Stadt nach Ansicht der SPD auch selbst als Bauherrin für die Schaffung bezahlbaren Wohnraums sorgen.
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Bei einer Versammlung des SPD-Ortsvereins Tittmoning haben die Mitglieder gemeinsam mit allen – auch parteilosen – Anwärterinnen und Anwärtern für die SPD-Liste zur Stadtratswahl im März 2026 die inhaltliche Ausrichtung für die nächsten sechs Jahre besprochen.

Der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Dirk Reichenau freute sich über den guten Besuch der Veranstaltung, über zahlreiche bekannte und neue Gesichter: „Wir möchten gerne die Ziele unserer politischen Arbeit öffentlich diskutieren, ehe wir unsere Kandidatinnen und Kandidaten auf- und vorstellen. Jede und jeder kann bei uns seine Ideen mit einbringen.“ Voraussetzung sei eine grundsätzliche Übereinstimmung mit der Ausrichtung der SPD: „Wir wollen Tittmoning in eine am Gemeinwohl orientierte, sichere Zukunft führen“ – diese Präambel gelte nach wie vor. „Nachhaltig, gerecht, sozial und ökologisch: das sind die Grundsätze, an denen sich unsere Entscheidungen messen lassen sollen.“

Verantwortung für bezahlbaren Wohnraum

Die angeregte Diskussion zeigte, dass Gesprächsbedarf da ist. An den vierzehn Punkten der Leitlinien der Tittmoninger SPD von 2020 entlang wurde analysiert, was mittlerweile erreicht wurde, welche Forderungen noch offen sind und was an Herausforderungen dazugekommen ist. Im Bereich „Wohnen und Leben“ seien beim Baugebiet „Am Alten Bahnhof“ inzwischen erfreulicherweise endlich Fortschritte zu sehen. Es fehle aber, so Reichenau, der politische Wille des Stadtrats, seiner Verantwortung für bezahlbaren Wohnraum etwa durch Gründung einer kommunalen Wohnbaugesellschaft nachzukommen. In der Versammlung wurde insbesondere der Ruf nach bezahlbarem Wohnraum, Mehrgenerationenwohnen und genossenschaftlichen Projekten laut.
Mehrere Anwesende beklagten außerdem die zahlreichen Leerstände, die trotz aller Bemühungen nach wie vor in Tittmonings Altstadt zu finden seien. Anke Seibel regte an, neben dem Geschäftsflächenprogramm für Umbau und Sanierung von Ladengeschäften auch ein Start-Up-Programm für Existenzgründungen in der Altstadt und den Dorfkernen aufzulegen. Sabine Muths, die sich von der Bürgerinfo-Veranstaltung zur Kommunalen Wärmeplanung enttäuscht zeigte, forderte eine bessere Unterstützung, Begleitung und Beratung von Wohnungseigentümerinnen und –eigentümern bei der notwendigen Umstellung auf neue Strom- und Wärmequellen, etwa durch eine städtische Energie- und Sanierungsberatung.

Ortsumfahrung so rasch wie möglich

Beim Dauerthema „Durchgangsverkehr raus aus der Altstadt!“ sei man, so der Vorsitzende, inzwischen ein Stück weiter. Durch den Bau von Straßenbegleitweg und Unterführung in Kay werde die Staatsstraße 2105 so ertüchtigt, dass sie den Anforderungen an eine Bundesstraße genüge. „Sobald dies erreicht ist und auch in Ramsdorf und Ausang, wo leider keine alternative Trassenführung möglich ist, entsprechende Vorkehrungen zu Sicherheit und Lärmschutz getroffen wurden, muss der Stadtrat aber auch den Antrag auf Umwidmung der Schwerlastumfahrung zur Ortsumfahrung ans Straßenbauamt stellen“, mahnte er. Die SPD-Fraktion habe seit Jahrzehnten darauf hingewirkt, die Stadt vom Durchgangsverkehr zu entlasten. Keine der halbherzigen „Lösungen“ der letzten Jahre habe dazu beitragen können, die Situation am Stadtplatz zu entspannen: „Es gibt keine Alternative zur Verlegung der B20 raus aus Tittmoning!“
Weitere Themen in der Diskussion waren der kommunale Gewässer- und damit Hochwasserschutz sowie die Wasserqualität des Leitgeringer Sees. Die Landschaftsplanerin Susanne Thomas regte das Anlegen eines Baumkatasters und die Zusammenarbeit mit einem Baumpfleger an und forderte mehr Grün im Stadtgebiet und in den Wohngebieten für mehr Klimaschutz und Lebensqualität. „Das wird am Stadtplatz gut möglich, wenn endlich Flächen vom ruhenden Verkehr freigestellt werden“, kommentierte Reichenau.

Pflegeversorgung, E-Mobilität, Kultur und mehr

Gerd Kissel erkundigte sich nach der lokalen Sicherung der Pflegeversorgung nach der Schließung des Tittmoninger Pflege- und Therapiezentrums und regte an, auf einen Mix aus ambulanter Pflege, betreutem Wohnen und Mehrgenerationenwohnen zu setzen. Hier gebe es andernorts gute kommunale Angebote. Ali Spirkl vermisste ein E-Ladekonzept der Stadt für Einheimische und Gäste.
Diskutiert wurde auch die Zukunft des Kunst- und Kulturschauplatzes Tittmoning, zu dessen überregionalem Ruf Josef Wittmann in seiner Zeit als Kulturreferent und bis heute als Ausstellungs-Kurator wesentlich beigetragen hat. Gerda Poschmann-Reichenau beklagte, in Tittmoning fehle nach wie vor ein Veranstaltungssaal mittlerer Größe für Kultur und Vereine. Angesprochen wurden auch der Zustand der Radwege, die Verkehrssicherheit insbesondere für Kinder, die Modernisierung des Kanalnetzes, die Pflege des öffentlichen Raums, die Perspektiven für den Jugendtreff, die Einrichtung einer Stadtbuslinie zur Verbindung der Ortsteile als Ergänzung zum Rufbussystem sowie die Anbindung des öffentlichen Personennahverkehrs nach Ostermiething und damit an die Lokalbahn nach Salzburg. Um Tittmoning energieautark zu machen, solle ein tragfähiges Konzept entwickelt werden. Zur Windkraft war man sich einig, dass man eine Beteiligung Tittmonings am Windpark Rampelsberg unterstützt.

Lob für Bürgerhilfsstelle und politische Bildung

Lob hatten die Anwesenden übrig für die gute Arbeit der städtischen Bürgerhilfsstelle, die man weiter unterstützen und ausbauen will, und für die Heranführung von Kindern und Jugendlichen an die Demokratie und ihre echte Beteiligung an kommunalpolitischen Themen, wie sie sich insbesondere durch Angebote des „Haus für Kinder“ und der Mittagsbetreuung mittlerweile etabliert haben. „Das ist ganz wichtige Arbeit, die da geleistet wird“, betonte Reichenau. Auch die städtische Kinderbetreuung sei dem Bedarf angepasst und qualitätvoll. Die bestehenden Kindergärten und –krippen wolle man erhalten: „Das ist auch ein Element, das die Dorfkerne lebendig hält“, so Reichenau.
Nach über zwei Stunden intensiver Gespräche werden nun die Leitlinien von 2020 entsprechend überarbeitet, so dass sie von der Versammlung am Samstag, den 13. Dezember, beschlossen werden können. Zu diesem Termin, der wieder um 19 Uhr 30 im Wirtshaus „Zur Melly“ stattfindet, sind alle eingeladen, die sich für die Zukunft Tittmonings interessieren. Die SPD wird dann ihre Liste zur Stadtratswahl aufstellen und der Öffentlichkeit präsentieren.