In der letzten Stadtratssitzung des Jahres, am 20.12.2022, wurde der städtische Haushalt für 2023 beschlossen. Mit der folgenden Rede nahm unser Stadtrat und Dritter Bürgermeister Dirk Reichenau dazu Stellung:
Krisen, Krieg, Katastrophen… die Stimmung ist schlecht, die Aussichten sind düster. Global gesehen, gibt es in der Tat nicht viel Anlass zu Freude und Optimismus. Doch wer die vierteljährlichen Kassenstatistiken der bayerischen Kommunen, verfasst durch den Bayerischen Gemeindetag, verfolgt, dem/der fällt auf:
Natürlich darf trotz dieser Zahlen der obligatorische Hinweis auf steigende Energiekosten, steigende Zinsen und eine Inflationsrate von rund 10 % nicht fehlen. Vorsicht bei der städtischen Haushaltsplanung ist natürlich angebracht und gut; die bestehenden 2,8 Mio € Rücklagen im gesamten Jahr 2023 nicht anzurühren, ist jedoch gelinde gesagt wenig ambitioniert, wenn wir die Summe unserer „Baustellen“ betrachten.
Aber der Kämmerer wollte nicht, dieser Stadtrat wollte nicht, also ist es so. Abzulesen ist dies an meinem Haushaltsreden-Dauerbrenner Burghauser Tor: Die dringend nötige Sanierung wurde wieder verschoben auf 2027. Wenn wir so weitermachen, dann sehen beide Stadttore 2027 auch gleich miserabel aus.
Der Haushaltsplan 2023 umfasst 18.387.700,- €, das ist weniger als 2022 oder 2021. Von den vereinnahmten 6,2 Mio. € Gewerbesteuer als Rechnungsergebnis für 2022 finden sich nur 5 Mio. im Haushalts-Ansatz 2023 wieder. Das kann man so machen angesichts berechtigter Forderungen der Arbeitnehmenden, mit 5% Lohnforderungen die Inflation abzumildern, angesichts einer Verdopplung der Stromkosten, die aber vom Staat zumindest für diesen Winter gedeckelt werden, angesichts von 3,5 % Zinsbelastung, einer wieder steigenden Kreisumlage und einem vorsichtigen Gewerbesteuereinnahme-Ansatz.
Aber letztes Jahr waren wir angetreten mit dem Projekt der Landesgartenschau, um öffentliche Investitionen vor allen in die in Sonntagsreden ach so gepriesene und historisch wertvolle Kernstadt zu binden: Wir wollten endlich in eine ökologische Aufwertung des öffentlichen Raums investieren, in Ponlachpark und Klostergarten, wir wollten die Burgsanierung endlich anpacken, mehr für die Menschen tun und weniger Blech auf dem Stadtplatz haben… Gescheitert ist das an sechs Gegenstimmen im Stadtrat, nicht etwa an einem mangelhaften Konzept. Nein, man hat das Haar in der Suppe gesucht, Folgekosten hochgespielt, in öffentlichen Versammlungen seitens der FW Wutbürgerbegehren angedroht – danke dafür, danke für den Kleinmut und die dargebrachte Meinung, dass einem die Altstadt wurscht ist, dass historische Bauten in erster Linie Belastung und nicht Bereicherung darstellen. Hauptsache, man steht beim Bürgerworkshop in der ersten Reihe, obwohl man in derselben Öffentlichkeit lauthals gegen die Landesgartenschau opponiert. Danke dafür, dass wir 8,5 Millionen angedachter staatlicher Investitionen bei einem Eigenanteil von rund 2 Millionen € in die Tonne treten.
Übrig geblieben ist ein Haushalt 2023, der wie üblich Gerätschaften für Bauhof und Feuerwehren organisiert, ein wenig Stadtmauer saniert, Baugebiete in Kay und am Alten Bahnhof erschließt, damit außer dem Steuerausgleich durch Grundstücksverkäufe Geld hereinkommt; der die dringend notwenige Sanierung der Wohnsiedlungen aus den 60er und 70er Jahren fortschreibt und zwei neue Kindergartengruppen sowie die Sanierung des Kindergartens in Törring finanziert. Einziger Lichtblick in der Altstadt für 2023 wird dann die neue Fassade des Braugasthofes sein, den wir hoffentlich wieder mit Leben füllen können.
Was mich wirklich schmerzt, ist die Tatsache, dass wir trotz eingehender und teurer Forschungsergebnisse für Statik und Historie der Burg keinen Hebel zur Generalsanierung der Burg gefunden haben. Ich möchte nicht erleben, dass uns die Grabendächer einstürzen, der Getreidespeicher, der von innen einem Kirchenschiff ähnelt, wegfault, dass wir Mauerfundamente im Ponlach zusammensuchen müssen oder der Erhalt des Betriebs unseres Museums auf Dauer unmöglich gemacht wird. Es ist an der Zeit, dass alle Förderstellen in Bund, Freistaat, Bezirk und Landkreis an einen Tisch geholt werden, um einen 200jährigen Investitionsstau aufzudröseln.
Immerhin: Dieser Haushalt hat durchaus den Anspruch, in den Wohnsiedlungen der 60er und 70er Jahre voranzukommen, die Schlagkraft von Verwaltung, Bauhof und Kinderbetreuung zu erhöhen und den Schwächen der Altstadtstruktur in Bezug auf Verkehrslenkung und Stadtplatzbild endlich ein brauchbares Konzept für mehr Lebensqualität entgegenzustellen.
Nicht unerwähnt bleiben sollen drei Punkte unseres Haushaltes 2023, die ich positiv hervorheben möchte:
Unabhängig vom Geld mahne ich für 2023 eine Diskussion über die zukünftige Gestaltung des Stadtkerns an! Wir können als politisch Verantwortliche nicht einfach wortlos daneben stehen, wo andere für viel Geld Altstadthäuser sanieren und bald eine städtische Siedlung entsteht, die die Altstadt „widerspiegelt“. Wir müssen aufhören, so zu tun, als habe der öffentliche Raum vorrangig nur für parkende Autos und Durchgangsverkehr da zu sein.
Ich halte nichts davon, diese Diskussion ausschließlich an Stadtplaner und Bürgerbeteiligung weiterzugeben, wir sollte auch mal intensiv miteinander ins Gespräch darüber kommen, wie es weitergehen soll. Die Diskussion hierfür lässt sich nicht auf die Gestaltung einer Parkgaragenanlage beschränken, da hängt wesentlich mehr dran.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass uns dieser Haushalt alle Wege für eine positive Stadtentwicklung offenlässt, auch wenn mit etwas Mut noch weitaus mehr möglich gewesen wäre. Daher wird die SPD auch zustimmen.
Tittmoning, den 20.12.22
Dirk Reichenau